Hallo liebe Forenuser,
Eine Frage von mir zu dem hier vielfach geäußerten Vorwurf des "Love Bombing": erst sind sie zuckersüß, und sobald sie einen "in den Krallen haben", ist das Ziel erreicht.
Ich habe in den letzten Jahren meine Augen und Ohren extra in den Versammlungen und im Studium offen gehalten und konnte folgendes feststellen:
- Die Zeugen untereinander, auch die, die schon Jahrzehnte dabei sind, gehen miteinander eigentlich immer durchgehend freundlich und respektvoll um. Ich empfinde das als normal, nicht übertrieben - es ist nur in der Gesellschaft nicht (mehr) üblich.
- Wenn ich mich einem Verein/Firma/wasweißich anschließe, sind zunächst auch alle erstmal netter und interessierte als evtl. später. Was sollte daran nicht normal sein?
- Wenn ich mich einem Verein anschließe, dessen Kernangebot beinhaltet, daß ehemalige Mitglieder, die nicht mehr hinter den Vereinszielen stehen, dort nichts mehr zu suchen und auch nichts mehr zu erwarten haben - was genau ist daran mißverständlich?
Wenn ich diese Mitgliedschaft will, weil dort evtl. nicht nur viel erwartet, sondern auch viel Wichtiges geboten wird, was nimmt mir die erwachsene Vorausschau ab, deren Regeln zu akzeptieren?
Warum stellt man sich dann hinterher als Opfer hin; das war doch von vornherein bekannt?
Bitte jetzt NICHT denken, daß ich beitreten will oder keine Kritikpunkte hätte!!!!
Hierzu bitte meine Antworten aus dem Thread "Grundsatzfragen" lesen; ich wäre wirklich froh, wenn ich das nicht alles noch mal erläutern müsste.
Danke Euch und ich bin gespannt auf die Erklärungen!
Liebe Grüße und einen schönen Abend,
Wanderer
Die Zeugen untereinander, auch die, die schon Jahrzehnte dabei sind, gehen miteinander eigentlich immer durchgehend freundlich und respektvoll um. Ich empfinde das als normal, nicht übertrieben - es ist nur in der Gesellschaft nicht (mehr) üblich.
Hallo Wanderer, in dieser Hinsicht gebe ich dir recht, das ist so. Das war auch mein Eindruck.
Wenn ich mich einem Verein/Firma/wasweißich anschließe, sind zunächst auch alle erstmal netter und interessierte als evtl. später. Was sollte daran nicht normal sein?
Das kommt drauf an. Und ja, wenn sie merken das Jemand viell. nicht so öfters predigen geht oder nicht immer in der Versammlungen erscheint, dann sehen sie einem mit verdutzten Augen. Ich hatte mal jemanden gekannt, kein getaufter Zeuge, der kam viele Male in die Versammlung aber ohne das er sich den ZJ durch Taufe anschloss. Ich fand das gut, denn man merkte, ihm interessierte sich nur für die biblischen Themen. Mehr wollte er nicht. Er durfte in den Versammlungen kommen, denn jeder ist eigentlich willkommen.
Wenn ich mich einem Verein anschließe, dessen Kernangebot beinhaltet, daß ehemalige Mitglieder, die nicht mehr hinter den Vereinszielen stehen, dort nichts mehr zu suchen und auch nichts mehr zu erwarten haben - was genau ist daran mißverständlich?
Deine Frage am Schluss verstehe ich nicht so ganz. Aber ich nehme an, warum man mit einem Getauften der nicht genau nach den Zielen mitmaschiert oder der sich weltlich abschottet, geachtet und vermieden wird. Und dann hört man von den Ältesten die Ansage; habt keinen Umgang mehr mit ihm. Das ist verabscheuungswürdig und eigentlich unchristlich, weil man den Betreffenden nicht mal in der Freizeit draussen begrüssen darf. Wir hatten eine solche Schwester die sich selber ausgeschlossen hatte. Ich fand es unmenschlich ihr gegenüber sich so zu verhalten, wie es die Ältesten befahlen.
Wenn ich diese Mitgliedschaft will, weil dort evtl. nicht nur viel erwartet, sondern auch viel Wichtiges geboten wird, was nimmt mir die erwachsene Vorausschau ab, deren Regeln zu akzeptieren?
Warum stellt man sich dann hinterher als Opfer hin; das war doch von vornherein bekannt?
Eben die Regeln/Ziele sind das eigentliche Problem der Gemeinschaft der ZJ. Sie übertreiben in dieser Hinsicht. Jesus in seiner Menschlichkeit würde nicht so handeln, wie die obere Ansicht der Ältestenschaft bei Untätigen oder verlorene Schafe. Eine Versammlung und deren Predigttätigkeit soll nicht auf nichtbiblische Regeln aufgebaut sein. Da ist immer ein Druck und das kann quälend sein. Bei den Juden dasselbe mit ihrem Thora Regeln. Null Toleranz ist Gift.
Es geht Jesus nicht um eine buchstabengetreue Befolgung bestimmter Vorschriften. ER möchte, dass die Menschen nach dem Sinn des gesetzes leben, und der ist zusammengefasst im Doppel- bzw. Dreifachgebot der Liebe
Matth. 22:37-39
37 Und Jesus sprach zu ihm: »Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit deinem ganzen Herzen und mit deiner ganzen Seele und mit deinem ganzen Denken«. 38 Das ist das erste und größte Gebot. 39 Und das zweite ist ihm vergleichbar: »Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst«
Also kurz gesagt, eine christliche Gemeinschaft, so wie die Urchristenheit, soll nicht mit zusätzlichen menschlichen angehauchten Regeln stattfinden.
Lieben Gruss José
Wer behauptet, dass er zu Gott gehört, soll leben, wie Christus es vorgelebt hat. 1.Joh.2:6
Nun, was "Love bombing" anbelangt,
da war das für mich auch so eine Haupt-Motivation, mich erst einmal für sie zu interessieren, zu "studieren", dann die Versammlungen zu besuchen und dann mich auch taufen zu lassen.
Aber ich glaube nicht, daß da hinter eine "Strategie" steht und wie der Wanderer sagte, ist es tatsächlich so, daß Jehovas Zeugen sich bemühen, einen christlichen Geist zu bekunden und dazu gehört auch Freundlichkeit. Und besonders Personen, die Leid erfahren haben, einen Schicksalschlag, sie sind besonders "anfällig" für solche Freundlichkeiten und Liebeserweisungen. So ging es mir als junger Mann, als ich meine erste große Liebe mich schließlich doch nicht wollte. Nach Rosen per Fleurop und eines glühenden Liebesbriefes zum Geburtstag der "Angebeteten" kam zu Weihnachten "Fröhliche Weihnachten, aber aus uns beiden wird nichts..." Na da ging erst einmal die Welt für mich unter. Umsomehr war ich dann wieder aus meinem Tief heraus, als ich Kontakt zu ZJ bekam, wo man mich liebevoll in Empfang nahm. Das sind so "Kandidaten" für die Laufbahn eines Zeugen Jehovas.
Und irgendwie ist das doch doch normal, daß man sich über einen Neuankömmling erst einmal freut und besonders liebevoll und freundlich ist. Muß man das unbedingt "Love bombing" nennen? Kritisch wird es allerdings m.E. wie hier ja auch schon anklang, wenn das später nachlässt und man dann nicht mehr so liebevoll und verständnisvoll reagiert, wenn man aus dem erwarteten Rahmen fällt - mal abgesehen von groben Verstössen gegen biblische Grundsätze - . Dann versucht man praktisch durch "Liebesentzug" den Betreffenden zurecht zu stutzen. Das ist dann "schlechter Umgang" und den versucht man dann auf diese Weise zu erziehen. Anlass könnte z.B. sein, daß man anfängt kritische Fragen zu stellen und nicht alles unbesehen zu glauben und zu übernehmen, was vom "Sklaven" kommt oder - besonders als "Diener" - nicht mehr soviel Stunden abliefert. Dann ist man "kein Vorbild mehr" und das lässt man einen dann auch spüren, bis hin, seines Amtes entbunden zu werden.
In der ev. Kirche, der ich vorher angehörte, hatte ich nicht solch ein Interesse zueinander festgestellt. Das war halt die persönliche Erfahrung die ich gemacht habe. Ich will das nicht verallgemeinern und auf alle Christengemeinden außerhalb der Zeugen Jehovas anwenden. Da mag es Gemeinschaften geben, die sich ebenso wie die Zeugen Jehovas bemühen. Liebe unter einander als auch zu "Neuen" zu bekunden. Ich habe so einen Fall in Erinnerung wo jemand schon Kontakt zu Zeugen Jehovas hatte, aber dann doch zu einer katholischen Gemeine gekommen ist und er berichtet davon, daß dort einliebevoller Geist herrschte und er sich dort wohl gefühlt und schließlich dort hin gegangen ist...
