Die Pharisäer – damals und heute

„Sie binden schwere Lasten zusammen und legen sie auf die Schultern der Menschen“,mit diesen Worten charakterisierte Jesus die Pharisäer und Schriftgelehrten. Und er fuhr fort: „Sie selbst aber wollen sie nicht mit ihrem Finger bewegen“.Und er warnte vor ihrer Heuchelei:„Hütet euch vor dem Sauerteig der Pharisäer, das heißt vor ihrer Scheinheiligkeit!“(Luk. 12:1)

Das sind harte Worte! Aber trafen Jesu Worte nur auf die Geistlichen seiner Tage zu? Ich denke nein, Scheinheiligkeit und Pharisäertum finden sich auch heute unter den  Kirchen religiösen Gruppen.

Den Pharisäer warf Jesus vor den Sinn seiner Worte und vor allem den Sinndes Gesetzes nicht zu verstehen. Sie blieben an der Oberfläche, wurden zu Legalisten und Formalisten, ja sie klebten am Buchstaben. Sie waren unfähig, der Worte Jesu und des Gesetzes zu verstehen. Für sie stand das Gesetz über den Menschen. Ja, man muss sagen, dass ihnen die Menschen fast gleichgültig waren. Das erkennt man immer wieder, wenn sie Jesus kritisierten, weil er am Sabbat heilte. Besonders auffällig in diesem Zusammenhang der Bericht aus Markus 3:3-6:

 „Wieder ging Jesus in die Synagoge. Dort war ein Mensch mit einer verdorrten Hand. Sie lauerten darauf, dass Jesus ihn an einem Sabbat heilte, damit sie ihn anklagen könnten. Und Jesus sagte zu dem Mann mit der verdorrten Hand: Steh auf und tritt in die Mitte. Und er fragte sie: Was ist am Sabbat erlaubt? Gutes tun oder Böses? Soll man einem Menschen das Leben retten oder ihn umkommen lassen?

Alle schwiegen. Und nachdem er sie wegen ihrer Gefühllosigkeit mit Abscheu und Zorn angeblickt hatte, sagte er zu dem Mann: Strecke deine Hand aus! Er streckte seine Hand aus und wurde geheilt. Die Pharisäer gingen hinaus, verbündeten sich mit den Parteianhängern des Herodes und beschlossen, ihn zu vernichten.“

Die Pharisäer und Schriftgelehrten waren Heuchler! Sie wollten vor den Menschen als besonders rechtschaffene Menschen erscheinen. Aber da sie genau wie alle anderen Sünder waren, gab es einen Widerspruch zwischen Anspruch und Wirklichkeit. Um den guten Schein zu wahren, waren sie gezwungen so zu tun, als ob sie besonders tugendhafte Menschen seien. Sie erweckten den Anschein nur sie würden das Gesetz genau befolgen.

Da gab es zeremonielle Handwaschungen, laute Gebete auf öffentlichen Straßen, auffällige Kleidung und viel Angeberei. Das Gleichnis Jesu aus Lukas 18:9-13 gestattet einen Einblick in die Geisteshaltung der Pharisäer: Hier betet ein Pharisäer ganz typisch:

„O Gott, ich danke dir, dass ich nicht so bin wie alle anderen Menschen, Erpresser, Ungerechte, Ehebrecher … Ich faste zweimal in der Woche und gebe den Zehnten von allem, was ich erwerbe.“

Menschengebote

Mit der Zeit wurde die klare Aussage der Bibel durch viele unsinnige Gebote und Vorschriften überwuchert. Es gibt massenhaft Kommentare zur Thora im Talmud. Die Kommentare der Mischna z. B. überwuchern schon rein optisch ein kleines Gebot aus dem Gesetz Mose. Man gewinnt den Eindruck, dass das ursprüngliche Wort Gottes hier von vielen Kommentatoren unter kaum zu verstehenden Wortgeflechten begraben wurde. Hier lag nicht nur ein Schleier auf dem Herzen (2. Kor. 12-16), sondern eine dicke Schicht von verfälschten Traditionen auf dem Wort Gottes.

Sie waren doch tatsächlich der Meinung, dass ein Mensch durch bestimmte Tätigkeiten zur Tugend und zum Glauben geführt werden kann. Zitat aus dem Wachtturmartikel Nr. 14: „Jesu Fußspuren genau folgen“

Abs. 8: Wenn wir Jesu Fußspuren folgen, werden wir uns nicht von der Welt ablenken lassen. …. Auch in der heutigen Welt gibt es vieles, was uns ablenken könnte das zu tun was Jehova getan haben möchte. Doch wenn wir uns wie Jesus darauf konzentrieren, das zu tun, was Jehova möchte, können wir ebenfalls „die Welt besiegen“ (1. Joh. 5:5).

Was müssen wir also tun, um auf dem Weg zum Leben zu bleiben? Wenn wir Jesu Fußspuren folgen, können wir einmal ewig leben.

Jehovas Zeugen glauben das sie durch die von der WTG vorgegebenen Tätigkeiten,  die Welt besiegen könnten und so ewiges Leben als Lohn erhalten. Wie die Pharisäer glauben Jehovas Zeugen durch Aktivität eine Beziehung zum Schöpfer, ja sogar eine Freundschaft herstellen könnten. Anstatt auf Gott zu vertrauen, vertrauten sie ihren Tätigkeiten und unterstellten sich der Herrschaft einer menschlichen Organisation. 

Die Herrschaft von Menschen über das Gewissen der Mitmenschen.

Die Anhänger der Pharisäer, und in der Zeit Jesu die meisten Juden, sahen in der Erfüllung der Menschengebote das Ziel des Glaubens. Aber was war das denn für ein Glaube, den die Pharisäer vermittelten? Die Pharisäer hatten es geschafft, durch Heuchelei, durch Scheinheiligkeit, die Masse der Juden zu täuschen! In den Augen der Juden standen sie ganz groß da und nichts konnte den schönen Schein trüben! Sie hatten ein ausgeprägtes Elitebewusstsein, das sie bei jeder Gelegenheit auch ausdrückten. Wo sie waren, da war Heiligkeit und alles Gute!

Man kann sich gut vorstellen, dass alle, die nach den pharisäischen Regeln leben wollten, ziemlich deprimiert waren, denn niemals konnte man mit sich zufrieden sein. Immer gab es einen „Grund“ Schuldgefühle zu haben. Und immer hatten die Pharisäer als „Lehrer“ des Volkes und als „Ausleger“ der Bibel gute Gründe, Druck auszuüben und den Menschen ein schlechtes Gewissen einzupflanzen. Solche Menschen mit tiefen Schuldgefühlen waren dann gut zu manipulieren und zu beherrschen. 

Die neuen Pharisäer

Nun soll man nicht meinen, dass mit dem Ende des Pharisäertums das Problem ausgestanden wäre. Liest man die Kritik Jesu in Matthäus 23 aufmerksam durch, dann gewinnt man den Eindruck, dass die Lehre der Pharisäer überlebt hat. Zum Beispiel sollen alle Zeugen Jehovas über den Zeiteinsatz beim Predigen von Tür zu Tür einen Bericht abgeben; sie sollen aufschreiben, wie viele Stunden sie damit verbracht haben, wie viele Zeitschriften sie abgegeben und wie viele Besuche sie bei den Hausbewohnern gemacht haben. Das wird fast als eine heilige Pflicht betrachtet.

Zitat WT v. 15.11. 2014, In allen Lebensbereichen heilig sein, Abs. 13 Warum geben wir unseren Bericht ab?

“Unsere Schlachtopfer der Lobpreisung sind persönliche Opfer, die wir freiwillig darbringen, weil wir Jehova lieben (Mat. 22:37, 38). Trotzdem werden wir darum gebeten, über unseren Einsatz im Predigtdienst zu berichten. Wie sollten wir dazu eingestellt sein? Unser monatlicher Bericht ist ein Ausdruck der (Heiligkeit) Gottergebenheit“

In der Bibel ist das natürlich nicht zu finden, aber als „Richter“ Rutherford, der zweite Präsident der Wachtturm-Gesellschaft, am Beginn der 1920er Jahre die Stundenziele festsetzte, sprach er ausdrücklich im Namen Jesu! So hat er jedenfalls behauptet! Und seither dreht sich bei den Zeugen Jehovas fast alles um diesen kleinen Zettel. Man gewinnt den Eindruck, dass der „Predigtdienst“ das Wichtigste im Leben eines Christen sei.

(Auf Grund der Pandemie wird im Moment nicht mehr erwartet Stunden zu berichten. Dennoch wir erwartet zu berichten das man „TÄTIG“ war)

Woran ein Mensch gemessen wird

Der „Tätigkeitsbericht“ wird dann nach wie vor zum Maßstab für den Wert eines Menschen gemacht. Niemand kann ein Versammlungsältester sein, wenn er nicht ein bestimmtes Stundensoll (mindestens 10 Stunden im Monat) aufweist. Es geht hier nicht mehr um das „Jünger machen“, von dem Jesus in Matthäus 28:19 sprach:

„Geht daher hin und macht Jünger aus Menschen aller Nationen, tauft sie im Namen des Vaters und des Sohnes und des heiligen Geistes, und lehrt sie, alles zu halten, was ich euch geboten habe.“

 Wettbewerb der unguten Art

Der Einsatz im Verkündigungsdienst nach Stunden führt natürlich zum Vergleichen. Jemand, der nach der Terminologie der Zeugen „vorbildlich“ und „fleißig“ ist, bekommt das auch zu hören. Und er wird mit anderen verglichen. Das kann für diejenigen, die nicht so „fleißig“ sind oder sein können, bedrückend sein. Und so wird oft darauf hingewiesen, dass man stolz ist auf die „Pioniere“, die im Monat ca. 70 Stunden „predigen“.

Ein „Pionier“ ist immer noch ein gutes Vorzeigemodell, um andere „anzuspornen.“ Da werden 100-jährige Frauen erwähnt, die im Pionierdienst stehen! Wenn das nicht anspornend wirkt! Oder: Da wird ein völlig paralysierter Zeuge Jehovas im Rollstuhl von einem Prediger von Tür zu Tür mitgenommen. Und immer wenn sein Bruder spricht, blinzelt er zustimmend. Auch dieser Gelähmte ist ein Vollzeitprediger! Und wer ist der jüngere Mensch, der nicht irgendwie Schuldgefühle hat? Wird einem hier nicht die Frage suggeriert: „Warum bist DU nicht Pionier?“ Oder „Was hindert DICH daran, noch mehr Zeit einzusetzen?“ Da spielt es keine Rolle, wenn man Familie und Arbeit hat, die einen vollen Zeiteinsatz verlangen. Mit dem nicht ausgesprochenen Hinweis: „Andere tun das auch!“, wischt man alle Bedenken vom Tisch. Man meint es angeblich ja nur gut, man will ja nur ein wenig „anspornen“, in der christlichen Lauterkeit nicht nachzulassen“.

Eine Lüge

Aber ist das christliche Leben nur Predigtdienst? Jedenfalls gewinnt man den Eindruck, dass allein der Predigtdienst von Haus zu Haus wirklich zählt. Für Christen zählt jedoch ist die ganze Bandbreite dessen, was Jesus vorgelebt hat! Jakobus fasst die Anbetung, die vom Standpunkt Gottes aus rein und unbefleckt ist, so auf: „nach Witwen und Waisen in ihrer Drangsal zu sehen und sich selbst von der Welt ohne Flecken zu bewahren.“(Jak. 1:27).

Zeugen Jehovas wird zwar auch gesagt, der Predigtdienst ist nicht das einzige was Gottes erwartet dennoch zeigt die Wirklichkeit dass allein gewisse Äußerlichkeiten zählen. Wie oft liest oder hört ein Zeuge Jehovas die Ermahnung, den Predigtdienst obenan zu stellen, zu studieren, zu beten und die Zusammenkünfte zu besuchen? Damit ist fast das ganze Gebiet des Glaubens abgedeckt, und mehr fällt ihnen nicht ein? Studieren wird zum fast gedankenlosen Anstreichen, Nachdenken zum Nachplappern und der Predigtdienst zum „Stunden machen“. Und die Zusammenkünfte regen nur noch selten zur Liebe und guten Werken an. Aber was Glaube eigentlich ist, haben scheinbar nur wenige begriffen. 

Auch die Pharisäer sahen im Glauben nur die Ausübung einer Religion!

Sie konnten sich nicht damit anfreunden, dass ein Mensch durch das Band der Liebe, mit seinem Gewissen und seiner inneren Wahrhaftigkeit mit dem Schöpfer verbunden sein kann. Nein, die Pharisäer hatten sich zwischen Gott und den Menschen gedrängt. Und unsere WTG unterscheidet sich in diesem Punkt nicht von den Pharisäern der Tage Jesu. Auch sie ist der Meinung, dass man ihr nur gehorchen müsse, um ewiges Leben zu bekommen. Deutlicher kann man sich den Pharisäern nicht annähern. 

Der Kampf an vielen Fronten

Es ist nicht einfach, nach den Menschengeboten und Vorgaben der WTG zu leben. Und Hunderttausende der Zeugen Jehovas versuchen so zu leben! Sie sind bewundernswert und verdienen Respekt, denn sie kämpfen darum, von der sie umgebenden Welt nicht vereinnahmt zu werden. Es ist für sie nicht leicht, auf der ganzen Erde den Wehrdienst zu verweigern, ehrlich und rechtschaffen zu sein und die biblischen Maßstäbe für die Ehe und die Familie konsequent zu beachten. Daneben haben sie die Pflicht, an zwei Tagen in der Woche die Zusammenkünfte zu besuchen, mit der Familie einen „Studierabend“ abzuhalten, selbst das Bibelleseprogramm zu absolvieren, sich auf die Zusammenkünfte vorzubereiten, Kongresse zu besuchen und öffentlich zu predigen. Und dann kümmern sich viele noch aktiv um Alte und Kranke, arbeiten als Freiwillige an Bauvorhaben der Wachtturm-Gesellschaft mit und sind für andere Aktionen oft abrufbar.

Was braucht ein Christ wirklich?

Man kann sich denken, dass sie ohnehin in einer schwierigen Außenseiterposition kämpfen und deshalb das brauchen, was Paulus so formulierte: „Nicht, dass wir die Herren über euren Glauben sind! Wir sind Mitarbeiter an eurer Freude.“ Was sie aber nicht brauchen können, ist die ewige Unzufriedenheit ihrer Führung. Nie ist es genug Geld, was gespendet wird, nie ist es genug Einsatz im Predigtdienst und niemals ist man zufrieden mit dem Gehorsam gegenüber der Führung. Die Aufsätze in ihrem offiziellen Organ „Der Wachtturm“ drehen sich in der letzten Zeit viel um Geld (!) und Gehorsam gegenüber dem „Sklaven“ (so nennt sich die Führung, tritt aber als „Herr“ auf). 

Stattdessen: Propaganda

Eine ständige Propaganda bewirkt eine Art Gehirnwäsche, so dass der einfache Zeuge Jehovas langsam zu der Überzeugung gelangt, das sei alles Gottes Wille und jedes Aufbegehren und jede Kritik am „Sklaven“ sei schließlich gegen Gott gerichtet. Die Propaganda nimmt mitunter bizarre Formen an. Bei jeder sich bietenden Gelegenheit werden „Erfahrungen“ eingestreut, die niemand nachprüfen kann; alles, was irgendwie das Bild schönt, wird verwendet, jeder, der „vorbildlich“ ist, wird als „Vorbild“ hingestellt. Deshalb wundert sich niemand mehr über das großzügig verstreute Eigenlob.

Da benutzen Älteste das Rednerpult als eine private Bühne zur Selbstdarstellung. Von beziehungsvollen Anspielungen auf die eigene Leistung bis zum krassen Selbstlob ist alles zu finden. Und jeder Zuhörer weiß dann: „Das ist ein toller Kerl!“ Und dabei wird vergessen, dass Paulus anders dachte:

„Lasst uns nicht ichsüchtig werden, indem wir miteinander wetteifern und einander beneiden.(Gal. 5:26)

Und die Führung redet in inflationärer Weise von der „wunderbaren Organisation“ und auch von Gott, ersetzt aber die tätige Nächstenliebe durch hektische Aktivitäten (der Monat August im Jahr 2014 wurde zum „größten Monat aller Zeiten“ gemacht!) Die Pharisäer hatten sich auch um ihren Dienst zu kümmern und konnten deshalb einem Überfallenen nicht beistehen (Luk. 10:29-37). Und hat ein „Vollzeitdiener“ hilfsbedürftige Eltern, dann wird geraten, die Verantwortung für sie der Versammlung zu übertragen, damit der „Vollzeitdiener“ seinen „Vollzeitdienst“ nicht aufgeben muss. Das ist dann „Korban!“.

Die Kultur des Eigenlobs

Und so wie es manche Ältesten machen, so macht es auch der allgemeine Zeuge Jehovas. Es hat sich eine Kultur des geschickten Prahlens etabliert. Das ist genau jener Ungeist, den Jesus nicht haben wollte. Er sagte:Achtet gut darauf, dass ihr eure Gerechtigkeit nicht vor den Menschen übt, um von ihnen gesehen zu werden; sonst werdet ihr keinen Lohn bei eurem Vater haben, der in den Himmeln ist. Wenn du also Gaben der Barmherzigkeit spendest, so posaune es nicht vor dir her, wie es die Heuchler … tun.“(Matthäus 6:1, 2)

Die Angst vor der freien Meinungsäußerung

Nun haben Menschen mit eingeredeten Schuldgefühlen selten den Mut, nachzudenken und sich solchen Einflüssen zu entziehen. Ja, sie haben vielleicht nicht einmal den Mut, offen über ihre Probleme zu sprechen, ihre Zweifel mit jemandem zu teilen. Denn man hat ihnen fast jede Möglichkeit genommen, mit anderen in der Gemeinschaft offen und ehrlich über das zu sprechen, was eigentlich nicht zum Christentum gehört, sondern eine Last ist, die man ihnen aufgebürdet hat. Wohlgemerkt: Man beklagt sich nicht über die Last, die man mit Jesus gemeinsam trägt! Es sind die Lasten, die man ihnen außerdem noch zumutet. Es ist die Last der Unfreiheit.

Gruppenzwang und Heuchelei

Sie brauchen die Gemeinschaft, sie brauchen Menschen, die so denken und fühlen wie sie. Aber diese Gemeinschaft hat auch ihre Gefahren. Sie erzieht, indem man sich ständig mit anderen vergleicht, zum Wetteifern. Man will ja gut dastehen! Man will beachtet werden, weil man funktioniert! Jeder Mensch braucht Anerkennung und bemüht sich darum. Das kann dann dazu führen, dass ein Klima der Heuchelei entsteht. Dieses Klima wird auch dadurch begünstigt, weil man gewissermaßen Angst voreinander hat. Wer möchte schon bei all seinem Einsatz mit dem Makel versehen werden, er sei nicht „vorbildlich“? Denn „vorbildlich“ zu sein wird immer wieder als ein großes und lohnendes Ziel hingestellt, dem viele hinterherlaufen. 

Verbot der Gedankenfreiheit 

Weil man nicht unangenehm auffallen will, äußert man berechtigte Kritik nur privat, zu Hause. Man hat Angst davor, als kritisch zu gelten, wo doch alles so „wunderbar“ ist in der „wunderbaren Organisation“! Freie Meinungsäußerung ist verpönt. Auch das freie, d. h. nicht gesteuerte Bibelstudium im Verein mit anderen Zeugen Jehovas ist verboten. Im September 2007 bekamen die Zeugen einen Brief von der Führung zu lesen, in dem die Frage beantwortet wurde, ob es erlaubt sei, sich zu versammeln,um eigenständig biblische Themen zu untersuchen. Die Antwort war kurz: „Nein.“

Zur Begründung wurde darauf verwiesen, dass die Zeugen ausreichenden Stoff hätten, den sie betrachten könnten. Seltsam! Versucht man, das Denken zu verbieten? Aber wer das Denken und die Gedankenfreiheit verbieten will, stellt sich eindeutig gegen die Menschenrechte, gegen die Bibel, gegen Gott! Durch das Unterbinden des eigenen Nachdenkens nimmt man den Menschen jegliche Verantwortung ab. Es wird zwar viel von Nachdenken geredet, doch gemeint ist das Nach-denken des vor-gedachten und veröffentlichten Stoffes. Und was man lange kaut, wird Brei. 

Das Gewissen

Und schon befindet man sich in der trauten Gemeinschaft mit Pharisäern, die ja auch das eigene Denken durch Propaganda zu unterbinden suchten. Vom Verbot der Gedankenfreiheit bis zur Aushebelung des eigenen Gewissens ist es dann nicht mehr weit. Und tatsächlich: „Innerhalb der Organisation gibt es keine Gewissensfragen, sondern nur Gehorsam!“ Solche Sätze kann man von der Führung hören! Aber die Wahrheit für einen Zeugen Jehovas ist anders! Er wird daran denken: „Wo die Lüge zum täglichen Brot wird, verhungert das Gewissen!“(Ernst Ferstl)

Und es kann sehr schwer sein, sich gegen lügenhafte Propaganda zu wehren, die das Gewissen ausschalten will. Aber mit Hilfe der Bibel kann man dem Einfluss der Propaganda standhalten. Es geht, wenn man die Furcht vor Gott über die Menschenfurcht stellt. Es geht, wenn man den Mut zum Glauben, den Mut zur Wahrheit und zur Wahrhaftigkeit durch den Glauben hat, nur dann werden wir die Kraft haben eher auf Gott hören als auf Menschen (Apg. 5:29).

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Hallo Lennard,

ein toller Aufsatz! Glaubenskontrolle, Bewußtseinskontrolle, Verhaltenskontrolle, Gewissenskontrolle – besser kann man den Prozess der Gerhirnwäsche kaum beschreiben.
Gruß
Rüdiger

Der Vergleich zur LK der JW.Org ist sehr passend!

Eine treffliche Gegenüberstellung (Pharisäer damals / Jehovas Zeugen heute)! Beide Gruppen schossen über das Ziel ihrer primären Absicht hinaus. Was bei Russell (Bibelforscher) wohl noch aus Aufrichtigkeit begann, ist heute oftmals nur noch abstoßende Heuchelei, und das nicht nur hinter den Kulissen. Die Wurzeln der Pharisäer lassen sich bis in das 2. Jahrhundert vor Christus zurückverfolgen (Zeit der Makkabäer-Kriege). Das Wort Pharisäer bedeutet “Abgesonderte“. Diese jüdische religiöse Gruppierung — anfänglich eine Laienbewegung — versuchte, sich mit leidenschaftlichen Eifer treu an die Lehren und Praktiken der ganzen damaligen hebräischen Bibel (Altes Testament) zu halten. Ihr Ziel war es, durch Gesetzestreue die… Weiterlesen »

Störti an BI und Lennard, der Artikel ist gut und der Inhalt korrekt. Allerdings habt ihr einen „Dreher“ drin. Gleich am Anfang, im Absatz sechs heißt es: „Die Pharisäer und Schriftgelehrten hatten ein großes Problem: Sie waren Heuchler! Sie wollten vor den Menschen als besonders rechtschaffene Menschen erscheinen… Sie erweckten den Anschein nur sie würden den Fußstapfen Jesu genau nachfolgen und wer Jesu nachfolgen wollen müsse handeln wie sie.“ Nun, das traf auf die Pharisäer und Schriftgelehrten der damaligen Zeit sicher nicht zu. Sie wollten nicht „den Fußstapfen Jesu genau nachfolgen“. Im Gegenteil, sie haben dafür gesorgt, dass er ans… Weiterlesen »

Ein eigenständig denkender ZJ ist ein Widerspruch in sich!Ich habe mich immer gewundert,wie es sein kann,dass alle gleichzeitig ihre Meinung ändern können.Das geht nur,wenn man keine eigene Meinung hat und kritiklos neue biblische? Erkenntnis übernimmt.Bequem,aber es führt in den Abgrund!

Hallo Lennard

für einen Zj … auf dem Weg … seine ORG zu hinterfragen …ist der Aufsatz mit Sicherheit
ein spannendes NT biblisches Lese Erlebnis.

zu Recht

Anspruch und Wirklichkeit gilt zu hinterfragen

(schmunzeln mußte Ick u.a bei dem Satz… (sinngemäß)

… ˋdie Pharisäer …erweckten den Eindruck …
nur sie … wollten den Fußstapfen Jesu nachfolgen)

😉
macht nix

Ick bin neugierig auf die zu lesenden Reaktionen … zu deinem … gefühlten Resümee

bis die Taage … 😉… versprochen

Hallo Peetha,
Ja, dieser Satz war schon etwas unglücklich formuliert und zum schmunzeln, wurde aber schon korrigiert.

Lieber Lennart, dein Artikel spiegelt wirklich viele Parallelen wieder! Es war also “von oben” her nicht gestattet, dass sich Gläubige zusammensetzen und eigenständig die Schrift studieren? Das war 2007 ??? Ich dachte, das könnte auch aus dem Mittelalter kommen, in dem Bibelgläubige sogar Strafen bis hin zum Tod durch die “heiligen Mutter Kirche” erdulden mussten, weil sie die Schriften erforschen wollten…ohne den oberen Klerus….”es gibt nichts Neues unter der Sonne”. Lennart, gestern saß ich gerade über meiner neuen Schlachter 2000 Bibel und las in Apg. 17 die Abenteuer des Paulus und Silas durch ihr Zeugnisgeben über Jesus, den Christus…In nur… Weiterlesen »

Hallo Lennard Dein Beitrag hat mir im Grunde gut gefallen. Du ziehst darin Parallelen zwischen dem damaligen und dem heutigen Pharisäertum und belegst damit die noch immer vorherrschende Heuchelei. Allerdings findet man dieses Pharisäertum nicht nur bei den Zeugen Jehovas, sondern auch in allen anderen Glaubensgemeinschaften, sogar vermehrt in der Politik. Sie predigen anderen gute Ratschläge, an die sie sich selber nicht halten, und werden dadurch unglaubwürdig. Das schadet dem guten Ruf des Vaters und des Sohnes. Das Pharisäertum findet man immer dort, wo es Gemeinschaften Gleich- oder Ähnlichgesinnter und einen „Vortänzer“, nicht aus Vorbild, sondern aus (eigner) Berufung gibt.… Weiterlesen »

Es gibt 2 Arten von “Pharisäern”.

Die erste Art von Pharisäern sagt:
“Herr, ich danke dir, dass ich nicht so bin wie jener Sünder dort.”

Die zweite Art von Pharisäern sagt:
“Herr, ich dakne dir, dass ich nicht so bin wie jener Pharisäer dort.”

Das mit dem Pharisäertum hat nur einen Zweck, nämlich Jesus ermahnte uns zur Warnung an uns alle! Natürlich auch an die die eine Versammlung (heute Kirchen, KS der ZJ, und a.m.) leiten. Matthäus 23:1-12 Dann wandte sich Jesus an die Volksmenge und an seine Jünger und sagte: »Das Lehramt des Mose haben heute die Schriftgelehrten und die Pharisäer inne. Richtet euch daher nach allem, was sie euch sagen, und befolgt es. Doch richtet euch nicht nach dem, was sie tun; denn sie reden zwar, handeln aber nicht danach. Sie binden schwere Lasten zusammen, die man kaum tragen kann, und laden sie den… Weiterlesen »

Lieber Lennart, Zu oft wird man als Kleinkind schon in Schuldschuhe gesteckt. Ausgleichen will der Mensch dann mit Anerkennung erhaschen. Die WTG nutzt das voll aus, indem sie mit ihren Regeln, wie, eine Krawatte anziehen, schön farbig vorbereitet sein mit Anstreichen in der Literatur während dem man dabei beobachtet wird. Der Mikrofondiener bekommt dann schön mit wer WTG gleichspurig läuft. Wichtigtuerei vieler Pioniere….. Mit dem Predigtdienstbericht macht man sich eigene Streicheleinheiten oder läuft als Schuldiger rum. So vieles macht krank und kränker… Du hast echt gut analisiert wie die modernen Pharisäer agieren. Zudem noch mit einer verfälschten Bibel….. Von Demut… Weiterlesen »

Hallo zusammen! Neues aus Australien. Die Gestzesgrundlage in der Verfolgung zum Kindesmissbrauch wurde geändert. Nun müssen sich die Pharisäer der FIRMA WTG der Entschädigungskommission anschließen. Was für ein “Glück” für die vielen Opfer, das nun entlich auch ihnen die nötige Ausmerksamkeit gegeben wird. Und Entschädigungszahlungen nun möglich werden. Wie kam das wohl zustande? Ein einfaches Rechenbeispiel hat wohl den Ausschlag gegeben. Ist wohl billiger den Opfern was zu bezahlen als auf alles Steuern zu zahlen. In der Pressemitteilung gab es aber kein Wort zu den Opfern und jegliche Verantwortung wurde abgestritten. Lloyd Evans hat darüber berichtet. Auch auf reddit englisch… Weiterlesen »

Was für ein Artikel! Ja !!! Es ist nur Druck vorhanden denn Schein zu wahren, ich bin besser wie Du und Du bist nichts WERT!!! Ich bin Fleißig widme mein ganzes Leben der WTG immer mit der Mahnung: „ MACHE MEHR UND MEHR“ denn so kriegst Du das Ewige Leben!!! Das ist das was ich erleben tue dieses immer wieder sich mit anderen vergleichen wie BEISPIELHAFT und VORBILDLICH man ist!!! Man schaut herablassend auf die anderen zu, den SIE NICHT NICHT THEOKRATISCH GENUG!!! Ja… man geht sogar soweit das dieser Bruder/Schwester man sich von ihnen entfernen sollte. Denn Sie könnten… Weiterlesen »

Ihr Lieben, zu “ist das christliche Leben nur Predigtdienst? Jedenfalls gewinnt man den Eindruck, dass allein der Predigtdienst von Haus zu Haus wirklich zählt”: Der sog. “Predigtdienst”, der nichts weiter ist als eine christlich verbrämte und “biblisch” glorifizierte Drückerkolonnen-/Haustür-Ideologie- und Produktvertriebsmaloche, ist das goldene Kalb und die heilige Kuh der WTG – warum? Weil es sich bei der WTG – so wie im Fall eines jeden x-beliebigen, popeligen Feld-, Wald- und Wiesen-Buch- und Zeitschriftenverlags – eben um nichts weiter als um eine ganz banale Vertriebsorganisation handelt. Und solche Klinkenputzer-Entitäten ziehen ihr Selbstverständnis und ihre Existenzberechtigung nun mal aus dieser Tür-zu-Tür-Vertriebsmaloche.… Weiterlesen »

Last edited 3 Jahre zuvor by M.N.

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